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Postkarte 1: Das mobile Klo zum 1.Mai

1 Mai ! Salzburg, das war heute ein bisschen zu viel Folklore.

Kotany Art.-Nr. 265701

Start an der Lehner Brücke, die Kpö schlurft mit roten Fahnen vorbei. Das megaphonblecherne Vorgeschrei ist weitgehend unverständlich, ein Nachgeschrei gibt es nicht, was die Verständlichkeit auch nicht verbessert.

300 Meter weiter zieht der Duft des Grillhendels an den Salzachkai (Ostwind), ich vermute es ist die Art.-Nr. 265701 Firma Kotany. Ein für die SPÖ unverzichtbarer Eigengeruch, der allen Genossen Klarheit gibt was für ein Tag heute ist.

Überall Tracht und Marsch

Dann raus aus den Grenzen der Stadt Salzburg: Die Maibäume werden bierlaunig senkrecht gestellt. Erst noch waagrecht, wird es Kilometer für Kilometer, Ort für langsam senkrecht Puch, Golling (da kommt im Gleichschritt die Blasmusik am Radlweg entgegen), Annaberg, Eben, Flachau. Überall Tracht und Marsch.

In Stirnreihe stehend öffnen die Männer ihre ledernen Frontallappen, stehbrunzen auf den Radweg, stoisch und langsam, der Bierrausch ist nicht so euphorisch, die Sonne steht hoch.

Viel Chalet und wenig Chapeau

Dann rüber nach Wagrein. Vorbei am Lifestyle Ressort (old school „Hotel“ genannt), viel Chalet und wenig Chapeau. Selbst die Aussicht auf Nightlife und Dance ist gusseisern unüberwindbar verschlossen. Dafür bin ich vom Volksfest geschützt, durch einen Bauzaun. Ich müsste 7 Euro Eintritt zahlen und in den Genuss zu kommen, es gibt unsisex Klos! Am Baum lehnend wird gekotzt. „Ins Land eini speim“.

Weiter nach Kleinarl. Oh welch Ruhe, kein Maibaum kein Rausch. Dafür eine Kriegerdenkmal im Stil eines Heldendenkmals. Stramm und kühl steht er da, der Mann in Wehrmachtsuniform. Mir schaudert es. Das ist zum davon radeln. Hoch zum Jägersee. Alles ruhig, alles geschlossen.
Dann Bischofshofen. Es wird aufgeräumt. Das mobile Klo ist mit Bildern von Weinstöcken beklebt, aber es scheint auch Bier zu können.

Es ist schön. Das Licht flackert.

Im Vokativ oder im 2/4 Takt

Ob im Vokativ oder im 2/4 Takt, Gleichschritt oder Schlurfschritt.
Das Individuum verschüttet sich folkloristisch am liebsten im Kollektiv, unter Seinesgleichen. Da kann man untertauchen, wird drinnen erkannt, da ist es sicher und geborgen.

Ich fahr am liebsten alleine mit dem Rad durch Salzburg. Der Wiegetritt gibt mir Sicherheit und wenn ich um die Kurve rolle verklingt der Rainermarsch (versucht mal ein a in das Wort zu setzen) ganz schnell.

Hoch der 1. Mai – schön wars.

Postkarten, die es in keinem Souvenirshop gibt.

Salzburg ist mehr als die Postkartenmotive mit Festung und Mirabellgarten. Wer sich abseits der gewohnten Pfade bewegt, findet das andere Salzburg. Und das sucht Markus Grüner-Musil für „NeueUfer“. Postkarten, die es in keinem Souvenirshop in Salzburg zu kaufen gibt.